Interview der AG Landwirtschaft mit Ottmar Ilchmann

Interview der AG Landwirtschaft der Grünen Emsland mit Ottmar Ilchmann, Vorsitzender der niedersächsischen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft eV, AbL (17.04.2025)

AG Landwirtschaft: Herr Ilchmann, mit der geplanten Fusion von Arla Foods und der DMK Group und einem nach eigenen Angaben kombinierten Pro-forma-Umsatz von 19 Milliarden Euro wird es am Markt bald einen neuen Giganten geben, der zu einem der größten Molkereikonzerne Europas führen würde. Wie bewerten Sie diese Entwicklung aus Sicht der bäuerlichen Landwirtschaft?

Ottmar Ilchmann:
Die geplante Fusion würde eine gewaltige Marktmacht schaffen – Arla und DMK wären zusammen so groß wie die nächsten drei größten Molkereien Europas zusammen. Das bedeutet, dass keine Augenhöhe zwischen Abnehmer und Lieferant mehr besteht. Unsere Erfahrung in Norddeutschland zeigt: Die vielen Fusionen, aus denen auch bereits das DMK entstanden ist, haben den Bäuerinnen und Bauern keine Vorteile gebracht. Viele sind deshalb sehr skeptisch, ob diese Fusion für uns irgendwelche Vorteile bringen wird.

AG Landwirtschaft: Was sind die konkreten Folgen für die bäuerlichen Betriebe, wenn solche Konzerngiganten entstehen?

Ottmar Ilchmann:
Die Bedingungen werden von den Molkereien diktiert, die Leistungen werden nicht honoriert – gerade auch, wenn es um zusätzliche Anforderungen wie den Klimaschutz geht. Ein Wechsel zu einer anderen Molkerei ist dann auch praktisch nicht mehr möglich, weil es kaum noch andere Abnehmer gibt. Die Marktmacht wird – wie in anderen Bereichen der Agrarwirtschaft – konzentriert und dann meistens in Form von Preisdruck gegen die Lieferanten gewendet. Das führt nicht nur zu einer Monopolisierung des Marktes, sondern die Interessen der Bäuerinnen und Bauern werden weiter auf der Strecke bleiben.

AG Landwirtschaft: Die AbL spricht davon, dass frühere Fusionen und das Wachstum einiger Konzerne den Bauern wenig genutzt oder sogar geschadet haben. Können Sie das konkretisieren?

Ottmar Ilchmann:
Ja, das kann ich. Die Strukturen werden immer größer, verzweigter und undurchsichtiger. Zwar sind DMK und Arla formal noch „Genossenschaften“, aber von dem ursprünglichen Genossenschaftsgedanken – also mehr Wertschöpfung für die Mitgliedsbetriebe – haben sie sich weit entfernt. Sie sind somit zu Großkonzernen geworden. Auch finanzielle Krisen wie die des Agrarhändlers BayWa haben uns erst kürzlich gezeigt, wie durch zu viel Wachstum einiger weniger insbesondere die kleinen Betriebe benachteiligt werden. Zur Erklärung: die Baywa ist der größte deutsche Agrarhändler und spielt als solcher eine wichtige Rolle insbesondere in Süd- und Ostdeutschland. 

AG Landwirtschaft: Was müsste sich Ihrer Meinung nach an den Strukturen ändern, damit bäuerliche Betriebe wieder gestärkt werden?

Ottmar Ilchmann:
Große Genossenschaftsmolkereien haben bisher marktpolitische Verbesserungen für ihre Lieferanten blockiert, weil sie weltmarktorientiert sind und Milch als ihren günstigen Rohstoff brauchen. Das führt dazu, dass höhere und kostendeckende Milchpreise kaum gezahlt werden. In den Entscheidungsprozessen haben einzelne Mitglieder weder das juristische noch das ökonomische Wissen, wirklich mitzugestalten. 

AG Landwirtschaft: Was wünschen Sie sich von der Politik – auch mit Blick auf die Grünen?

Ottmar Ilchmann:
Ich wünsche mir, dass die Politik klare Rahmenbedingungen schafft, die die Marktteilnahme von bäuerlichen Betrieben ermöglichen und die Strukturen schützen. Das hat weniger mit Ideologie zu tun als mit konsequenter Interessenvertretung. Wir brauchen eine Agrarpolitik, die Vielfalt, Nachhaltigkeit, Naturschutz und regionale Wertschöpfung fördert – und nicht noch mehr Konzentration und Marktmacht in den Händen weniger.

AG Landwirtschaft: Herr Ilchmann, vielen Dank für das Gespräch!

Hintergrund:
Ausführliche Presseanalyse des European Milk Boards (EMB)

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